Analog geht digital, und digital analog

19.06.2019 - Das Team des Supercenters von Walmart in Sacramento (Kalifornien) bedient nicht nur 60.000 Kunden jede Woche im eigenen Laden, sondern organisiert auch den Versandt von rund 100.000 Euro Gesamtwert an Online-Bestellungen.

Über das ganze Jahr macht das in etwa 6 Prozent des Gesamtumsatzes der Riesenfläche aus. Marktleiter David Wilhelm geht davon aus, dass der Bereich noch enormes Potential hat. Momentan ist das Online-Geschäft noch nicht profitabel. Wilhelm äußert sich gegenüber der LZ folgendermaßen: "Onlinebestellungen sind das, was der Kunde will. Also müssen wir es ihm geben und dann herausfinden, wie wir damit Gewinn machen."

Im Gegensatz zu ihren Kollegen aus Deutschland investieren stationäre Händler in den USA Milliarden in ihr Online-Geschäft. Das geschieht vor allem in Reaktion auf die Furcht vor Amazon, denn das eigene Abo-Angebot Prime wird zusehends enger mit dem stationären Händler Whole Foods verbunden. Lieferdienst und Abholservice werden sukzessive ausgebaut und auch die Lieferung am Folgetag der Bestellung wird immer verlässlicher. Bald möchte Amazon in den USA per Drohne ausliefern, in Australien wird dies bereits getestet.

Da kann die Konkurrenz sich realistischerweise nicht ausruhen und zusehen. Kroger, die Nummer zwei im Lebensmittelhandel mit einem Umsatz von 121 Milliarden Dollar, erweitert emsig sein Liefergebiet. Mittlerweile werden 1.300 Abholstationen betrieben und eine Kooperation mit dem britischen Online-Händler Ocado führt zu dem Bau von hochtechnisierten Warenlagern. Selbst das Experimentieren mit fahrerlosen Lieferwagen steht auf dem Plan. Ein anderes Beispiel ist der Großflächendiscounter Target. 2017 kaufte dieser den Lieferdienst Shipt und bietet Kunden künftig landesweit eine Belieferung noch am selben Tag der Bestellung an. Dazu wird die Zahl der Click-and-Collect-Stationen von 1.100 auf 1.400 gesteigert.

Die meisten Bemühungen finden jedoch beim größten US-Lebensmittelhändler Walmart statt. Eines der Ziele ist die taggleiche Belieferung von flächenmäßig 75 Prozent der potentiellen Kunden. Das sogar noch in diesem Jahr. Die Anzahl der Pick-up-Stationen wird von 2.500 auf 3.100 erhöht. In speziellen Regionen wie Kansas City oder Pittsburgh soll es ab Herbst sogar möglich sein, sich Lebensmittel direkt in den Kühlschrank liefern zu lassen.

Ein wichtiger Partner im Konkurrenzkampf gegen Amazon ist Google, vor allem für die sprachgesteuerte Bestellung. Dafür wurde sogar der ehemalige Google- Manager Suresh Kumar als Technik- und Entwicklungs-Chef vonWalmart geholt. Auch Google-President Daniel Alegre zeigt sich von der Kooperation begeistert, wie er der LZ verriet: "Wir sind die besten Partner für stationäre Händler, denn wir setzen deren Händlermarke an erste Stelle."

Auch Facebook drängt mehr in Richtung E-Commerce, vor allem in der Rolle als Vermittler. Carolyn Everson, Vice President für weltweites Marketing skizziert die Vision, dass ein auf Instagram gesehener Wein einfach angeklickt und direkt gekauft werden kann. Der ganze technische Prozess wird komplett in den Hintergrund verlegt. Facebook arbeitet bereits an seiner eigenen Krypto-Währung, mit der dann der Zahlungsverkehr organisiert wird.

Bisher machen Onlinekäufe erst 1,5 Prozent des Gesamtumsatzes bei Lebensmitteln in den USA aus. Berechnungen von Google und der Unternehmensberatung Bain & Company kommen auf 3 Prozent. So oder so gehen Experten davon aus, dass sich der Anteil in Zukunft enorm vergrößern wird. Momentan wird das Angebot schnell ausgebaut, wodurch Nachfrage beim Kunden geschaffen wird. Das Nachrichtenportal Business Insider rechnet damit, dass dieses Jahr in den USA Lebensmittel in Wert von 36 Milliarden Dollar online umgesetzt werden, und in den kommenden vier Jahren wird mit einer Steigerung auf 118 Milliarden Dollar gerechnet.