Deutsche Discounter profitieren von britischer Inflation

01. Juli 2022 - Die Inflation sorgt nicht nur dafür, dass die Verbraucher hierzulande genauer auf den Preis schauen. Auch in Großbritannien lassen sich Kunden immer besser mit einem günstigen Preisversprechen locken. Das spielt vor allem den Expansionsplänen der deutschen Discounter in die Karten.

Quelle: Sara Kurfeß/unsplash.com

Vor allem Aldi und Lidl können momentan auf dem britischen Markt ihre Vorteile inszenieren. Die deutschen Discountern können gegenüber der einheimischen Konkurrenz günstigere Produkte anbieten. Derzeit wirbt Aldi UK beispielsweise mit dem Slogan „Swap and Save“ (dt. Wechsele und Spare). Bei der Werbeaktion wird ein Warenkorb mit 50 Vergleichsartikeln präsentiert. Der dabei errechnete Preisvorteil fällt deutlich zum Nachteil des Branchenprimus Tesco aus. Laut den Werbeangaben des deutschen Händlers soll die Ersparnis bei ungefähr 20 Prozent liegen. Die verglichenen Preise respektieren dabei bereits die Discounts, die Kunden des Clubcard-Treueprogramms von Tesco bezahlen würden.  

Tesco hat die Clubcard ursprünglich eingeführt, um dem Preisdruck der deutschen Konkurrenz zumindest ein wenig entkommen zu können. Gerade in den letzten zwei Jahren während der Pandemie hat sie dazu beigetragen, dass nicht noch mehr Marktanteile an Lidl oder Aldi verloren gegangen sind. Die Aldi-Preis-Match-Kampagne ist ohnehin vorüber. Bei einigen Produkten hatte Tesco bereits die Preise aufgeweicht.

Lidl agiert aktuell ähnlich aggressiv bei den Werbebotschaften. Die Schwarz-Tochter vergleicht sich jedoch mit dem Branchendritten Asda, die für ihre günstigen Preise unter den großen Händlern bekannt sind. Die Neckarsulmer attackieren mit einer laufenden Werbekampagne das Kosmetik-Sortiment, indem sie mit ihrer erheblich günstigeren Eigenmarke Cien werben.

Die Discounter positionieren sich in Antizipation an harte volkswirtschaftliche Zeiten. Mit rund sieben Prozent liegt die Lebensmittelinflation in Großbritannien zwar auf einem durchschnittlichen Niveau im europäischen Vergleich, jedoch wird über die nächsten Monate mit einer weiteren Entwertung des Geldes gerechnet. Bis zu 15 Prozent prognostiziert beispielsweise das Institute of Grocery Distribution IGD. Vor allem könnte eine zweistellige Entwertungsrate über einen längeren Zeitraum anhalten.  In einem solchen Umfeld können sich besonders Discounter gut positionieren, da ihr Hauptangriffswinkel ohnehin bereits über den Preis läuft. Die britischen Marktforscher rechnen bis 2027 mit einem Wachstum des Discount-Vertriebskanals um 23,9 Prozent, was in etwa einem doppelt so hohem Wachstum entsprechen würde, wie im Vergleich zum gesamten Lebensmittelmarkt.

Eine gute Position im britischen Lebensmittelmarkt ist für Aldi und Lidl ein außerordentlich lukratives Ziel. Noch liegt viel Arbeit vor den deutschen Discountern, bis sie es mit den großen Vier Tesco, Sainsbury‘s, Asda und Morrisons aufnehmen können. Jedoch verlieren diese in den letzten Jahren, während Aldi und Lidl Marktanteile für sich gewinnen können. Bisher betreibt Aldi mit seinen rund 970 Filialen ca. 50 mehr als der deutsche Discount-Konkurrent. Der Wettbewerb zwischen den beiden deutschen Händlern wird auch immer sichtbarer, da sie sich vermehrt auch gegenseitig in der Werbung ins Visier nehmen.